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Die Österreichische Gebärdensprache – Dolmetschen für Gehörlose

In Österreich gibt es rund 10.000 gehörlose Menschen, deren Muttersprache die Österreichische Gebärdensprache (ÖGS) ist. Das ist keine Kunstsprache, sondern eine natürliche und linguistisch vollwertige Sprache mit eigener Grammatik, Syntax und Wortschatz: Mithilfe der Gebärdensprache können auch komplexe und abstrakte Sachverhalte ausgedrückt werden, und nicht nur konkrete und bildhaft darstellbare Inhalte. Das ist ein wichtiges Kriterium, das eine natürliche Sprache erfüllen muss. Die Gebärdensprache wird ebenso wie die Lautsprache erworben. Die Gebärdensprache nutzt zum Erwerb der Sprache den visuellen Kanal, während die Lautsprache durch Hören erlernt wird.

Es gibt eine Vielzahl von Gebärdensprachen, die sich von Land zu Land voneinander unterscheiden und sich an der jeweiligen Lautsprache orientieren. Die einzelnen Gebärdensprachen haben oft sogar dialektale Färbungen und weisen auch regionale Unterschiede auf. In den Gebärdensprachen spielen Hände und Arme ebenso wie Gesichtsausdruck, Blick, Kopf, Oberkörper und Mundbild eine wichtige Rolle als Ausdrucksform. Die Sprache arbeitet mit Gebärden, Mimik und Körperhaltung. Sprache und Kultur sind untrennbar miteinander verbunden. Das bedeutet, dass der Gebärdendolmetscher auch mit der Gehörlosenkultur vertraut sein muss.

Gebärdendolmetscher leisten einen Beitrag zur Inklusion von gehörlösen Menschen. Sie arbeiten in vielen unterschiedlichen Situationen: Sie dolmetschen bei Arztbesuchen, Amts- oder Behördenwegen. Diese Art der Dolmetschung nennt man Kommunaldolmetschen („Community Interpreting“). Sie begleiten ihre KundInnen zu Aus- und Weiterbildungen und kommen in verschiedenen Ausbildungsstätten zum Einsatz wie Schulen oder Universitäten. Gebärdendolmetscher arbeiten auch immer öfter bei Konferenzen, Vorträgen oder Fernsehsendungen. Um gehörlosen Menschen die Teilnahme am Kulturleben zu ermöglichen, werden auch Stadt- oder Museumsführungen von Gebärdendolmetschern gedolmetscht.

Es soll betont werden, dass auch der Gebärdendolmetscher – wie jeder andere Dolmetscher – nur ein Sprachmittler ist und nicht persönlich in ein Gespräch eingreift.

Gebärdendolmetschen ist eine überaus anstrengende Tätigkeit, die neben einer hohen Konzentration auch körperlich fordernd ist. Daher arbeiten Gebärdendolmetscher bei Einsätzen die länger als eine Stunde dauern, meistens in Doppelbesetzung. Bei komplexen Veranstaltungen kann es auch schon vorkommen, dass das Team aus drei Dolmetschern besteht, die sich abwechseln.
In Österreich wurde die Österreichische Gebärdensprache 2005 in der Bundesverfassung verankert und als eigene Sprache anerkannt. Es existieren aber keine Gesetze, die das Recht auf eigene Schulen, Bildungseinrichtungen garantieren würden.

Es gibt auch eine Hilfssprache, die bei internationalen Veranstaltungen zum Einsatz kommt. Diese „International Signs“ oder „Gestuno“ genannte Form des Gebärdens ist keine natürlich gewachsene Gebärdensprache. Es handelt sich um eine Kunstsprache, die verschiedene gängige Vokabel mit Hilfe von visuell-gestischen Codes ausgedrückt, die alle Gebärdensprachen nutzen.
In Österreich gibt es verschiedene Ausbildungsstätten für Dolmetscher für die Österreichische Gebärdensprache: An der FHG Innsbruck oder am Linzer Gesdo starten im Herbst 2020 neue Lehrgänge.

Die Gebärdensolmetscher sind im Gebärden-DolmetscherInnen und ÜbersetzerInnen-Verband organisiert, der ihre Interessen und die ihrer KlientInnen vertritt.